Eine gemeinsame Tagung des Instituts für Medien- und Kulturwissenschaft der Universität Düsseldorf und des Zentrums für Populäre Kultur und Musik (ZPKM) der Universität Freiburg
Ort: Julia Stoschek Collection, Düsseldorf
Zeit: 25. bis 27. März 2020
Ein aktuelles Paradigma audiovisueller Medienkulturen bildet die Medienästhetik des Musikvideos. Aus medienkulturwissenschaftlicher Perspektive ist das Medium des Musikvideos an einer dezidiert hybriden Schnittstelle positioniert: zwischen High Culture und Low Culture, Akustischem und Visuellem, (Medien-)Kunst und Werbung angesiedelt, bewegt es sich immer auch an den Grenzen medialer Formen und Gattungen.
Dabei scheint das Genre Musikvideo zunehmend ein probater ›Way of Worldmaking‹: Immer mehr Künstler*innen nutzen das Musikvideo nicht nur zur Verbreitung ihrer Musik, sondern um Missstände in Gesellschaft und Politik oder Identitätsfragen zu thematisieren. So werden auch klassische Rollen-, Geschlechter- sowie Körperbilder durch posthumanistische oder -feministische Entwürfe in Frage gestellt. Das Musikvideo als Möglichkeitsraum und Medium der kritischen Reflexion hat auch durch seine Einbindung in Social Media und der digitalen Welt an subversivem Potential gewonnen: Die in Musikvideos dargestellten Gegenentwürfe zu Heteronormativität, Ableism, Patriarchalismus, Rassismus etc. können erstens von mehr Menschen und zweitens aus einer größeren Vielfalt der Lebensentwürfe, Interessenlagen und Motivationen heraus produziert, distribuiert und rezipiert werden.
Das Duo FAKA beispielsweise nutzt das Musikvideo als Ausdrucksmittel der afrikanischen LGBT Kultur, die Sängerin Janelle Monáe nutzt afrofuturistische Bezüge für queere Cyborgästhetiken, Rapper Drive-By erweitert das klassische Körperbild im HipHop und der südamerikanische Performer, Musikproduzent und DJ Arca setzt Postgenderfragen in den Kontext von postfeministischen Lesarten des Cyborgs. Einen besonderen Schwerpunkt bilden dabei auch Bildästhetiken nach transkulturellen Diskursordnungen, wie sie beispielsweise im Werk der iranisch-kurdischen Sängerin Helly Luv oder der tamilischen Rapperin M.I.A. zu finden sind. Transkulturalität im Musikvideo lässt sich dann besonders als eine neue hybride Form einer Bewegtbildästhetik beschreiben, die zentral nach dem Zusammenhang von Identität, Gender und Geopolitik fragt. Gleichzeitig finden neue musikalische Stile, die die symbolischen Ordnungen bestehender Musikgenrekonstruktionen durchkreuzen, im Musikvideo ein wirkmächtiges Verbreitungsmedium. Transkulturelle Dynamiken verweisen mitunter auf sich wandelnde Klangästhetiken, im Falle des Musikvideos außerdem auf einen Möglichkeitsraum der wechselseitigen Beeinflussung von Bilder- und Klangwelten. Darüber hinaus speisen audiovisuelle Langformen transkulturelle Diskurse, so werden aktuell grenzgängerische Popkulturpersönlichkeiten wie Beyoncé und Lady Gaga in Musikdokumentationen porträtiert.
Aus den beschriebenen Entwicklungen eröffnen sich verschiedene Fragestellungen, wie beispielsweise: Könnte die Produktion von emanzipatorischen und subversiven Bildern in Form von Musikvideos eine Ersatzhandlung zu Aktivismus sein oder wie beeinflusst der ästhetische Diskurs das politische Denken und Handeln? Können die aktuellen popkulturellen Konzepte der schnell produzierten und im Verhältnis kostengünstigen Musikvideos mehr wagen, was die Präsentation von diversen und subversiven Identitäten und Botschaften betrifft, als (Musik-)Dokumentationen und Spielfilme, die durch höhere Budgets und längere Produktionszeiten anderen Zwängen unterliegen?
Für die Konferenz stehen spezifische transkulturelle und -mediale Phänomene (etwa Exotismus, Orientalismus, Afrofuturismus/-punk, (Trans-)Gender) am Beispiel des Musikvideos im Fokus. Vor dem Hintergrund der Diskurse aus den Cultural Studies sollen Zitations- und Interferenztechniken der Popkultur im Hinblick auf ihren medienhistorischen Anfang hin befragt werden. Auf welche Ästhetiken und auf welche Diskurse beziehen sich erneut aufgerufene Bilder, wie werden dabei Musik, Text und Bildrelationen in Szene gesetzt und wie lässt sich über solche subversiveren Verfahren der Bebilderung von Musik sprechen?
Beitragsvorschläge von maximal 1.500 Zeichen (inkl. Leerzeichen, ohne Literaturverzeichnis) mit kurzen Angaben zur Person sind bis zum 01.10.2019 einzureichen bei:
kathrin.dreckmann@gmail.com
christofer.jost@zpkm.uni-freiburg.de
Nachwuchswissenschaftler*innen können bei den Veranstaltern einen Reisekostenzuschuss beantragen.
Quelle: Per Mail an die Redaktion
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