Johannes Gutenberg-Universität Mainz
25. – 28. September 2024
Konferenzwebsite: https://gfm2024.uni-mainz.de/ (freigeschaltet ab Mitte Februar)
Einreichungen: über das externe Conference Tool, www.conftool.pro/gfm2024
Deadline: 31. März 2024
Annahmebescheid: 31. Mai 2024
Kontakt: GfM2024@mainz.de
Die Gesellschaft für Medienwissenschaft (GfM) lädt vom 25.–28.09.2024 zu ihrer Jahrestagung an die Johannes Gutenberg-Universität Mainz ein. Mit dem Tagungsthema „versammeln“ widmet sich die Tagung den verschiedenen Medien, Ordnungen, Formen und kritischen Praktiken des Versammelns.
Von Festen und Festtafeln über Protestaktionen und Prozessionen zu Gruppenfotos, Sitzungen und Zoom-Meetings – Ereignisse und Bewegungen versammeln Körper und Bilder und gehen mit performativen Praktiken einher. Sich zu versammeln, ist dabei keineswegs immer ein konsensueller Akt, sondern Versammeln geht auch mit Störungen und Konflikten einher. Konflikte können während, vor oder nach einer Versammlung entstehen. Oder sie sind überhaupt erst der Grund dafür, dass sich Menschen versammeln. Entsprechend stehen Versammlungen auch im Mittelpunkt vieler politischer Theorien von Hannah Arendt bis Judith Butler.
Neben temporären Versammlungen verweisen Parlamente, Theater, Bahnhöfe, Malls, öffentliche Plätze, Stadien, Kirchen und Friedhöfe auf dauerhafte Architekturen des Versammelns, die Menschen und Dinge (ge)leiten. Dies gilt auch für Prozesse der Datafizierung, Kommodifizierung und Selektion auf digitalen Plattformen, die große Datenbündel versammeln, aber auch Nutzer*innen in Sozialen Medien und Menschen in der materiellen Welt. Datenbanken, Archive, Bibliotheken und Museen schaffen eine spezifisch dauerhafte Ordnung der Dinge aus Materialien, Dokumenten, Evidenzen und beliebig definierbaren Korpora mit Korrelationen und Querverweisen. Diese Ordnungen werden immer wieder durch informelle Versammlungen, soziale Bewegungsgeschichten, ephemere „Archive der Gefühle“ (Ann Cvetkovich) erweitert, aber auch in Frage gestellt. Bei Amateursammlungen – Hobbykeller, Dachböden, Memoiren und Self-Storage Spaces – tritt an die Stelle gezielten Versammelns häufig ein exzessives Ansammeln (piling, messiness), das Ordnungsversuche unterläuft. Ein derart ausuferndes Ansammeln kann mit innerer Unruhe einhergehen, auf die Subjekte etwa mit Praktiken der inneren Sammlung und des Sich-Sammelns sowie ausbalancierenden Selbsttechniken antworten, etwa Eremitage, Meditation, Gebet oder „Entnetzung“ (Urs Stäheli).
Etymologisch lassen sich zwei Praktiken des Versammelns unterscheiden: das Sich-Versammeln und Zusammenkommen (reflexiv, assemble) und das Versammeln im Sinne eines Herbeirufens und Zusammenziehens (transitiv, gather). Beide Formen sind dezidiert politisch gefasst und setzen zumindest traditionell intentional handelnde Subjekte voraus. Sie können als grundlegende Beteiligungsformen verstanden werden, die den Raum des Politischen auch auf das Private, Körperliche und Intime ausweiten. Nicht nur Subjekte oder Objekte versammeln sich oder werden gesammelt, sondern auch non-humane Akteure und Mensch-Maschine-Relationen, automatisierte Filterungs- und Klassifikationssysteme und Datenmengen stellen Anordnungen des (Ver-)Sammelns dar. Algorithmische Ordnungsversuche auf Sozialen Plattformen provozieren neue Unordnung und Proteste gegen die in sie eingeschriebene Zensur oder Unsichtbarmachung.
Versammeln ist durch mindestens drei strukturelle Aspekte gekennzeichnet: eine Gruppe von Personen oder Objekten, einen bestimmten Zweck sowie eine raumzeitliche Lokalisierung. Diese drei Komponenten können medial unterschiedlich formiert sein. Sie betreffen auch die Menge und zugeschriebene Relevanz und Autorität von Dokumenten oder Personen sowie das Verhältnis von virtuellen und materiellen Räumen. Interessant ist besonders die Agency, mit der die Praxis des Versammelns ausgestattet ist. Während im Fall von Assembling die Handlungsmacht bei den menschlichen oder maschinellen Akteur:innen liegt, geht das Gathering von einem Zentrum aus, an dem Dinge und Personen zusammengezogen werden (z.B. imperiale, machtvolle Rechenzentren).
Spätestens hier wird evident, dass derartige Versammlungspraktiken auch Fragen nach ungleich verteilter Macht und Agency sowie regulierten Zugängen zu Medien und Wissensbeständen aufwerfen. Mit Blick auf die prekäre Situation in den Lagern für Geflüchtete, die Restitution postkolonialer Museumsbestände, aber auch den eingeschränkten Zugang zu Bildungsinstitutionen wie der Universität lässt sich fragen: Welche Versammlung ist legitim, welche Versammlung produziert welche Räume, welches Wissen, welche Ein- und Ausschlüsse?
Medienwissenschaftliche Erforschungen und Problematisierungen des Versammelns sind vielfältig und können u.a. an den folgenden Punkten anknüpfen:
- die Konstruktion von Strukturen und (Un-)Ordnungen, etwa das Versammeln von Dokumenten in Archiven oder User-generiertem Content auf Plattformen, von Signalen in Schaltkreisen und Infrastrukturen, von geografischen Punkten auf Landkarten, von Individuen in der Gemeinschaft, von Wissen und Wahrnehmungen in fiktionalen Erzählungen und Spekulationen, die etablierte Ordnungen herausfordern;
- die medialen Praktiken, z.B. das Versammeln von Beweismitteln (gathering evidence), das Mapping, das Protestieren, das kollektive Filmen, das (Ver)Handeln an Versammlungsmöbeln wie dem Tisch oder konkrete Formen des sozialen Zusammenlebens etc.;
- die Herstellung von Relationen und Interdependenzen, von punktuellen und temporären „Beziehungsweisen“ (Bini Adamczak) wie Hashtags und Newsfeeds, die ständig neue, personalisierte Posts versammeln; Filme, die aus Ton-Bild-Schrift-Montagen bestehen; das Zusammenwirken von Einzelmedien an Medienorten wie Filmsets oder Fernsehstudios (mit Kameras, Scheinwerfern, Mikrofonen), Laboren (mit Mikroskopen, Scannern, Bildschirmen) oder Newsrooms (mit multiplen Screens und Kommunikationsschnittstellen).
Auch in praktischer Hinsicht experimentiert die Jahrestagung 2024 mit diversen Arten des Versammelns: Neben Panels und Einzelvorträgen („Solos“) präsentieren Medienforschende ihre Beiträge in Formaten wie „Team Up“, „Workspace“, „Critical Friends“ und „Encounters“.
Organisatorische Hinweise
Einreichungen sind bis zum 31.03.2024 über https://www.conftool.pro/gfm2024/ möglich. Verspätete Einreichungen werden nicht berücksichtigt. Die Benachrichtigungen zur Annahme oder Ablehnung erfolgen per E-Mail spätestens bis zum 31.05.2024.
Entscheidend für die Annahme ist die Passung zum Tagungsthema. Besonders willkommen sind standortübergreifende und von AGs initiierte Formate. Die Organisator*innen behalten sich vor, Einreichungen, die vom Tagungsthema klar abweichen, sowie ausschließlich männlich* besetzte Panels („Manels“) abzulehnen. Im Sinne eines fairen und gleichberechtigten Ablaufs sind alle Formate auf 90 Minuten ausgelegt, die zeitlichen Vorgaben sollten dringend eingehalten werden.
Für die Formate „Panel“, „Team Up“, „Workspace“ und „Critical Friends“ benötigen Sie einen Rahmentext mit einem Titel (max. 2000 Zeichen inkl. Leerzeichen). Paneleinreichungen, die von AGs der GfM veranstaltet werden, sollten einen Verweis auf die jeweilige AG enthalten. Für jedes „Solo“ (Einzelvortrag) sind zusätzlich Titel, Abstract und Bibliografie (insg. max. 2000 Zeichen inkl. Leerzeichen) einzureichen.
Interessierte an dem Format „Encounters“ reichen einen Kurzlebenslauf und einen kleinen Ideen-Pitch zu den Stichworten „Beziehungen“, „Commitment“, „Konflikte“, „Konsens“, „(Un-)Ordnungen“ oder „Geschichtsschreibung“ ein.
Jede Teilnehmer*in sollte zudem eine Kurzbiografie (max. 500 Zeichen inkl. Leerzeichen) beifügen. Jede Person kann nur einen Vortrag für das Tagungsprogramm anmelden. Mehrere Moderationen sind möglich.
Eine Übersicht empfehlenswerter Unterkünfte in Mainz und weitere nützliche Hinweise sind ab Mitte Februar 2024 auf der Tagungswebsite https://gfm2024.uni-mainz.de/ verfügbar; eine frühzeitige Buchung wird ausdrücklich empfohlen.
Die Veranstalter*innen sind bemüht, allen Teilnehmenden einen barrierearmen Zugang zur Tagung zu ermöglichen. Gerne können Sie uns mitteilen, wenn Sie diesbezüglich besondere Anforderungen und Wünsche haben.
Für Rückfragen steht das Organisationsteam unter GfM2024@uni-mainz.de gerne zur Verfügung.
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