Für das sechste Jahrbuch Musikwirtschafts- und Musikkulturforschung, Herausgeber:innen: Lorenz Grünewald-Schukalla M.A., Prof. Dr. Barbara Hornberger, Dr. Anita Jóri, Dr. Steffen Lepa, Dr. Holger Schwetter und Prof. Dr. Carsten Winter
Musik und Krisen geraten immer wieder in dynamische Zusammenhänge. Das war auch 2020 so, welches global ein Krisenjahr war, mit einer Krise, deren Ausmaße, Folgen und Herausforderungen erst absehbar werden. Maßnahmen gegen Covid-19 griffen und greifen global in den Alltag der Menschen ein und drängten z.B. die globale Klimakrise in den Hintergrund, während überall auf der Welt Demokratien und Diktaturen Stresstests mit möglicherweise nachhaltigen Folgen unterzogen wurden und werden.
Covid-19 trifft die Musikwirtschaft- und die Musikkultur hart. Mit dem Live-Sektor kommt ausgerechnet jener Bereich komplett zum Erliegen, der in den letzten Jahren Wachstum schuf und im Tonträgermarkt wegbrechende Einnahmen kompensierte. Für viele Akteur:innen, wie etwa für Solo-Selbständige, aber auch für Veranstalter:innen und Kulturorte brechen Existenzgrundlagen weg. Es wird deutlich: Strukturen und Organisationen, die auch unter Krisenbedingungen von allen für alle Zukunft ermöglichen, sind nur teilweise entwickelt.
Diese Situation bietet der Wissenschaft die Gelegenheit, Musik und Krisen grundlegend zu betrachten. Musik spielt auch und gerade in Krisen vielfältige Rollen: Mit ihr ist es möglich, Kritik zu üben, Stellung zu beziehen, Trends zu verstärken oder Emotionen Ausdruck zu verleihen. Während des Vietnamkriegs wurde mit ihr Widerstand geübt; im 2. Weltkrieg wurden Durchhalteparolen mit Schlagern verstärkt. In jeder Krise steckt immer auch transformatorisches Potential: Krisen beschleunigen Entwicklungen und können dabei z.B. also auch Ungleichheiten verstärken. Nicht zuletzt sind Musikmarkt und Musikkultur ständig von technologischen Transformationskrisen geprägt, als die einige aktuell z.B. die Digitalisierung wahrnehmen, weil hier einige Akteur:innen sich überfordert fühlen und gleichzeitig neue Akteur:innen sichtbar werden.
So stellen sich erneut 2020 Frage nach dem Zusammenhang von Musik und Krise mit Dringlichkeit: Wie ändern sich Zusammenhänge, wie die zwischen Musikkultur und Musikwirtschaft? Welche Rolle spielt (und spielte) Musik in Transformationsprozessen, die durch Krisen ausgelöst werden? Welche Rollen spielt Musik in den vielfältigen aktuellen Krisen: Klimawandel, Covid-19, Europäische Union, Populismus und neue Autokratien, um einige zu nennen? Welchen neuen Schub für die Digitalisierung, für neue Formate und Strategien der Publikumsbindung, aber auch für die Interessenvertretung verschiedenster Akteure treiben die aktuellen Maßnahmen gegen die Pandemie? Wie reagierten Musikkünstler:innen auf die Pandemie-Situation? Verändern Covid-19 und Folgen vielleicht die Produktion und Verteilung oder auch Nutzung von Musik oder gar die Musikkulturpolitik?
Mögliche Themen für das Jahrbuch können sein:
- Neue Herausforderungen für die Interessenvertretung und Musikkulturpolitik
- Musikkulturen als Akteure in Krisen
- Musikmärkte und ökonomische und politische Krisen
- Musiker:innen in der Krise: Fallstudien oder Genre-bezogene Analysen
- Veranstalter:innen in der Krise: Beispiele für Reaktionen, Initiativen, Umgangsweisen, neue (ggf. auch private oder illegale) Formate
- Musikhören in der Krise: Neue individuelle oder kollektive Rezeptionsmuster?
- Covid-19 und neue digitale Streaming-Events: Perspektiven von Kommunikator:innen oder Rezipienten:innen auf ein neues Medienformat
- Krise als Thema in Lyrics und Musikproduktion: Wie werden aktuelle und vergangene Krisen thematisiert?
- Auswirkungen von Corona auf Musikmärkte: Analysen der ökonomischen und kulturellen Folgen
Der Call richtet sich an Wissenschaftler:innen aller Disziplinen, die zu “Musik und Krisen” arbeiten, sowie auch an Künstler:innen oder Akteur:innen der Musikwirtschaft. Erbeten sind Beitragsskizzen (max. 1.500 Worte, Word-Datei) bis zum 30.04.2021 an jahrbuch@musikwirtschaftsforschung.de. Über die Annahme wird bis zum 20.05.2021 entschieden. Die Abgabe der Beiträge wird bis zum 31.07.2021 erwartet. Ausgewählte Beiträge sollen in einem thematischen Konferenzpanel im Spätsommer 2021 in Vortragsform vorgestellt werden. Der Band wird im dritten Quartal 2022 publiziert. Über Hinweise zur Manuskriptgestaltung wird in einer separaten Mail informiert. Bei Rückfragen wenden Sie sich an jahrbuch@musikwirtschaftsforschung.de.
Kontakt
jahrbuch@musikwirtschaftsforschung.de
https://musikwirtschaftsforschung.de/
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.