Rundfunk und Geschichte
Themenheft „Objektgeschichten des Rundfunks“
Jahrgang 46, Nr. 1–2 (erscheint im Juni 2020)
Call for Articles
Im Anschluss an die in den letzten Jahren verstärkt sichtbar gewordene Hinwendung zum Materiellen möchte die Zeitschrift Rundfunk und Geschichte im Sommer 2020 ein Heft zur „Objektgeschichte des Rundfunks“ herausgeben. Bereits 2018 hat der Studienkreis Rundfunk und Geschichte eine Jahrestagung unter das Thema „Materialitäten“ gestellt. 2019 stand das Thema „Medien-Materialitäten“ im Mittelpunkt der Jahrestagung der Gesellschaft für Medienwissenschaft in Köln. Beide Tagungen sowie verschiedene in letzter Zeit entstandene Publikationen¹ zeigen, dass materialitätsbezogene Ansätze Konjunktur haben. Man kann sogar sagen, dass durch diese Schwerpunktsetzungen wichtige und bislang vernachlässigte Aspekte der Mediengeschichtsschreibung in den Vordergrund gerückt wurden, die bisherige Narrative ergänzen oder gar in Frage stellen.
Diese Überlegungen und Ansätze möchten wir mit einem Themenheft vertiefen. Für die im Juni 2020 erscheinende Ausgabe suchen wir daher nach Beiträgen, die eine Objektgeschichte des Rundfunks beleuchten. Dabei geht es keineswegs darum, Kulturgeschichte durch Technikgeschichte zu ersetzen. Schon gar nicht soll der Begriff „Objekt“ auf Technik oder Technologie beschränkt bleiben. Ganz im Gegenteil soll es der Ansatz ermöglichen, den bestehenden Erzählungen von technischen Erfindungen und ihren Erfindern (selten: Erfinderinnen) Alternativen entgegenzusetzen. Dieses Potenzial besitzen beispielsweise solche Ansätze, die Interaktionen und Netzwerke in den Blick nehmen und dabei die Analyse medialer Artefakte im Kontext produzierender, rezipierender und benutzender Menschen vornehmen. Weiterhin können Zusammenhänge zwischen dem Rundfunk und seinen medialen Ökologien bislang wenig beachtete Forschungsfelder freilegen; so ist beispielsweise bis heute wenig untersucht worden, inwieweit die Technologien und Architekturen der Radioproduktion sich in Abhängigkeit von und in Abgrenzung zu denen der (kommerziellen) Musikproduktion entwickelt haben. Für die im Rundfunk von Anfang an zentralen Medienarchive wiederum ist eine Verschränkung von archivierten und archivierenden Medien kennzeichnend. Dieser sonst nirgendwo anzutreffende, ganz eigene Materialismus macht diese Institutionen zu Reflektoren einer Objektgeschichte des Rundfunks par excellence.
Wir freuen uns also über Einreichungen, die aus einer materialitätsgeschichtlichen Perspektive auf den Rundfunk blicken und somit auch Dokumente und Akten nicht als Informationsträger, sondern als materielle Objekte in den Blick nehmen. Ein Fokus kann beispielsweise auf folgende Aspekte gelegt werden:
- Ton- oder Fernsehstudios und Schnitträume
- ihre Ausstattungen und Anordnungen
- Funkhäuser und Architekturen
- Speichermedien
- Dokumente und Akten
- Produktionsequipment, Mikrofone, Kameras, Computersysteme
- Heimgeräte, häusliche Medienausstattung
- Merchandising- und Fanartikel
- u.v.m.
Wir hoffen, auf diese Weise alternative Rundfunkgeschichte(n) erzählen zu können. Hierfür interessieren wir uns für Forschungsberichte und -notizen, für Artefaktanalysen und Objektbeschreibungen, für Essays oder auch Interviews in unterschiedlichem Umfang (bis maximal 40.000 Zeichen).
Bitte reichen Sie Abstracts im Umfang von max. einer Seite bis zum 1. Januar 2020 per Email ein. Der weitere Zeitplan:
- Rückmeldungen über die Annahme: bis 10. Januar 2020
- Einreichung erste Fassung des Textes: spätestens 29. Februar 2020
- Überarbeitungsphase: bis 31. März
Kontakt für Einreichungen und Rückfragen: kiron.patka@uni-tuebingen.de und karin.martensen@tu-berlin.de
1 Vgl. etwa die Themenausgabe von Zeithistorische Forschung 13 (2016), Nr. 3, „Der Wert der Dinge“, darin insbesondere das Editorial von Simone Derix, Benno Gammerl, Christiane Reinecke und Nina Verheyen: „Der Wert der Dinge: Zur Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Materialitäten“ sowie den Essay von Stefanie Samida: „Materielle Kultur und dann? Kulturwissenschaftliche Anmerkungen zu einem aktuellen Trend in der Zeitgeschichtsforschung“; vgl. außerdem: Stefanie Samida u.a. (Hg.): Handbuch Materielle Kultur. Bedeutungen, Konzepte, Disziplinen, Stuttgart 2014; Gottfried Korff: „Dimensionen der Dingbetrachtung. Versuch einer museumskundlichen Sichtung“, in: Andreas Hartmann u.a. (Hg.): Die Macht der Dinge. Symbolische Kommunikation und kulturelles Handeln, Münster 2011, S. 11–26; Manfred Lueger und Ulrike Froschauer: „Artefaktanalyse“, in: Leila Akremi u.a. (Hg.): Handbuch Interpretativ forschen, Weinheim 2018, S. 775ff; Tarleton Gillespie u.a. (Hg.): Media Technologies. Essays on Communication, Materiality, and Society, Cambridge/ London 2013; Andreas Fickers: „Hands-on! Plädoyer für eine experimentelle Medienarchäologie“, in: Technikgeschichte 82 (2015), Nr. 1, S. 67–86.
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