Schall|plat|te: dünne, aus Kunststoff gepresste runde Scheibe mit auf jeder Seite je einer spiralförmigen, feinen Rille, in der Tonaufnahmen gespeichert sind, die mithilfe ei- nes Plattenspielers wiedergegeben werden können. (Duden)
Die Schallplatte fordert Zugriffe, die sich in das Objekt, die Wiedergabe und die Praxis des Hörens einschreiben. Bereits mit Mittelloch und den zwei Seiten gehen Auflegen und Wenden einher.
Zahlreiche Operationen aus Ding, Material, Technik und Körper greifen ineinander. So entspringen aus Tonträger und Hülle Praktiken des Schützens, Herausholens und Hineinschiebens, des Transports, Säuberns und Begutachtens etc.
„Is it wrong, wanting to be at home with your record collection? It‘s not like collecting records is like collecting stamps, or beermats, or antique thimbles. There‘s a whole world in here, a nicer, dirtier, more violent, more peaceful, more colourful, sleazier, more dangerous, more loving world than the world I live in; there is history, and geography, and poetry, and countless other things I should have studied at school, including music.”
(Nick Hornby, High Fidelity)
Die Schallplatte ist ein Medium, das mit spezifischen Ordnungen einhergeht (Plattenladen, Plattenschrank, Plattenkoffer etc.). Vor ihnen, aber auch aus ihnen heraus (ent)stehen diverse Praktiken wie Vertreiben, Ein- und Verkaufen, Aus- und Verleihen, Sortieren, Ausstellen, Vorführen.
„In 1974, I bought my first single […]. I started to memorise the charts, to memorise the leagues. I didn’t go to church, I didn’t need to.“
(Saint Etienne, Over the Border)
Die Schallplatte hat eine (Platten-) Kultur geprägt, in der die genannten Operationen und Ordnungen im produktiven Austausch miteinander stehen. So bilden sich Genres und Gemeinschaften (Mainstream, Subkulturen), Identitäten und (Welt-) Sichten aus. Zu den Manifestationen dieser Kultur zählen das (gem)einsame Hören zuhause oder in der Öffentlichkeit (Plattenläden, Bars, Clubs), das Zeitschriftenwesen, die Charts, Mailorder, Flohmärkte und Plattenbörsen…
„Diese Scheibe ist ein Hit, wann kriegt ihr das endlich mit?“
(Insterburg & Co)
Darüber hinaus ist die Schallplatte Objekt und Gegenstand von Literatur, Musik und Film. Im Sprechen/Schreiben/Singen über sowie filmische(n) Inszenierungen von Platten entstehen Szenen, in denen sowohl Geschichten als auch Poetiken und Politiken der Platten ausgehandelt werden. Solche „Szenen der Schallplatte“ sollen Ausgangspunkte für die Diskussionen im Rahmen des Workshops sein.
Donnerstag, 22. November 2018:
13.00-13.30 Lars Schneider &Jan Henschen (Erfurt): Schallplatte – Auflegen
13.30-14.30 Jana Mangold (Frankfurt a.M./Erfurt): Unboxing/Ausfalten – Schallplattenhüllen und ihre Beilagen
14.30-15.30Nils Plath (Erfurt): Nichts als Bruchstücke
— Kaffeepause–
16.15-17.15 Sven Herwig (Hamburg): Schwarzes Gold – echte Liebe oder hysterischer Hype?
17.15-18.15 Robert Stockhammer (München): 66 Singles vs. 67 LPs
— Gemeinsames Abendessen —
Freitag, 23. November 2018
10.00-11.00 Gregor Kanitz (Düsseldorf): Platte machen. DIY-Punk-Ästhetik zwischen Lärm und eingeschmierter Briefmarke
11.00-12.00 Wolfgang Lasinger (München): Pedros Costas Juventude em Marcha (2006)
— Mittagspause —
13.30-14.30 Kathrin Fehringer (Erfurt): Draculas Vermächtnis – Jim Jarmuschs Only Lovers Left Alive (2013)
14.30-15.30 Wolfgang Struck (Erfurt): Geraubte Sprache. Marcel Beyers „Flughunde“
Adresse: Michaelisstraße 38, 99084 Erfurt
Veranstaltet von Lars Schneider (Erfurt) und Jan Henschen (Erfurt),
in Kooperation mit der Forschungsgruppe Verräumlichung und Kulturtechniken
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