Die Deutsche Forschungsgemeinschaft hat ein internationales und interdisziplinäres Forschernetzwerk zum Thema „Hör-Wissen im Wandel. Zur Wissensgeschichte des Hörens in der Moderne“ bewilligt, das am Friedrich-Meinecke-Institut der Freien Universität Berlin koordiniert wird. Dem Netzwerk gehören insgesamt fünfzehn Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Deutschland, Großbritannien, den Niederlanden, der Schweiz und den USA an. Das Netzwerk nimmt Anfang 2013 seine dreijährige Arbeit auf. Im Zentrum steht dabei die Frage nach der Rolle des Hörens in modernen Wissenskulturen. Lange galt die Moderne als primär visuelles Zeitalter. Die sich neu etablierenden Sound Studies haben in den letzten Jahren jedoch in vielfacher Hinsicht gezeigt, dass auch dem Hören zentrale Bedeutung in der Moderne zukommt. Der Schwerpunkt lag dabei jedoch zumeist auf den kulturellen Variationsformen des Hörens und zeitlich auf dem (späten) 20. und frühen 21. Jahrhundert. Demgegenüber verlängert das Netzwerk „Hör-Wissen im Wandel“ die historische Perspektive bis zurück in die Frühe Neuzeit und legt den Schwerpunkt auf die Frage nach dem epistemischen Status des Hörens in der Moderne. Es folgt dabei einem weiten Wissensbegriff, der implizites und performatives Wissen mit einschließt, und untersucht 1.) welche Arten von Wissen über das Hören sich historisch rekonstruieren lassen und 2.) welche Funktionen das Hören selbst im Prozess der Wissensproduktion und -kommunikation hatte, welche Formen des auditiven Wissens sich also innerhalb der Wissenschaften, der Musik, der darstellenden Künste, der Literatur, der Philosophie und der Politik beschreiben lassen. Durch diese Fragestellung trägt das Netzwerk zur Historisierung von zentralen Begriffen und Annahmen der Sound Studies bei und problematisiert die Hypothese einer Hegemonie des Visuellen in der Wissensgeschichte der Moderne.
Kontakt: Dr. Daniel Morat, daniel.morat@t-online.de
Schreibe einen Kommentar
Du musst angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.